John Grisham – Die Farm (Hörbuch)
John Grisham: Die Farm
gelesen von Charles Brauer
John Grisham kennt wohl jeder – er ist seit „Die Firma“ so etwas wie der Großmeister des juristischen Thrillers. Weltweit wurden über 60 Millionen seiner Bücher verkauft und in 29 Sprachen übersetzt, und zahlreiche seiner Bücher wurden erfolgreich verfilmt.
Das Buch:
Im Original ist der Roman unter dem Titel „The Painted House“ erschienen, und der Anstrich eines alten Farmhauses spielt auch eine Rolle in diesem recht untypischen Werk von John Grisham – denn es geht nicht um Gerichte, Justiz und Anwälte, sondern um den Sommer auf einer Baumwollfarm in den Südstaaten der USA im Jahr 1952. Erzählt wird vom kargen, harten Leben der Baumwollfarmer, die nicht viel mehr als scheinselbständige Lohnsklaven der Reichen sind, und die trotz Hitze, Dürre, zu wenigen Erntearbeitern und bitterer Armut irgendwie durch ihr Leben kommen. Die Geschichte erzählt der 7jährige Luke Chandler, oder doch Luke Chandler aus der Sicht seines siebenjährigen Ichs – die Handlung umfasst einen Sommer, eine Erntesaison in Arkansas.
Die Chandlers betreiben eine kleine Farm, auf der Baumwolle angebaut wird. Die Frauen der Chandlers, vor allem die Großmutter, haben das Regiment über Haus und Garten. Ricky, der Onkel von Luke, ist im Koreakrieg, und in der kargen Freizeit, die den Chandlers bleibt, hören sie Radio, mal in der Küche, mal auf der Terrasse – mit den regelmäßigen Baseballübertragungen, die die Fantasie des siebenjährigen Luke beflügeln, und eben Kriegsnachrichten; oder sie schreiben Briefe an Ricky. Dass Ricky „bald nach Hause kommen“ könne, steht als ständige Hoffnung im Raum. Doch zunächst ist das Tagesgeschäft zu absolvieren… die Chandlers brauchen für die lange und anstrengende Ernte Farmarbeiter. Zum einen die „Leute aus den Hügeln“, die Hillbillys, die zum Arbeiten ins Tiefland kommen mit Sack & Pack und Familie, zum anderen Mexikaner, die auf Lastwagen herangekarrt werden und die harte Saisonarbeit übernehmen.
Doch diesen Sommer wird alles anders. Luke, der eigentlich eine Cardinals-Baseball-Jacke haben möchte, und dafür mit den anderen auf den Feldern schuftet, verliebt sich in die 16jährige Tally, die Tochter eines der „Hillbillys“, die auf der Chandler-Farm als Saisonarbeiter hausen.
Tally hat zwei Brüder, der eine scheint geistig und körperlich behindert zu sein, der andere ist groß, stark und gewalttätig, und gerät bald schon mit anderen Halbstarken aus der Region aneinander. Und noch eine heimliche Liebelei entspinnt sich, die in einer hässlichen Gewalttat gipfelt, welche Luke heimlich beobachtet. Doch wenn er etwas sagt, besteht die Gefahr, dass seine Familie von heute auf morgen ohne Arbeiter dasteht und die Ernte nicht eingebracht werden kann. Was soll er tun?
Die Farm ist eine Geschichte, die eher langsam dahin plätschert, mit der Zähflüssigkeit eines heißen Südstaaten-Tages. Nur an wenigen Stellen verdichtet sich das Drama zu echter Spannung. Das Buch ist nicht unbedingt langweilig – das Eintauchen in eine völlig andere Zeit ist spannend, ebenso wie die Einsicht, dass die Landwirtschaft der USA damals – von der Größenskala abgesehen – nicht viel anders aussah als heute: die kleinen Bauern waren bei Saatgutkonzernen, Mühlen („Entkernung“) und reichen Investoren verschuldet und in einer unentrinnbaren Tretmühle der Abhängigkeit, die billigen harten Arbeiten mussten schon damals Mexikaner übernehmen – der einzige Unterschied: zu dieser Zeit gab es noch eine Autoindustrie mit gut bezahlten Jobs, zu denen der eine oder andere Farmer abwandern konnte.
Die Mischung aus Lokalkolorit der Südstaaten und dem Alltagsleben der ärmeren Landbevölkerung der USA in den 50er Jahren macht diesen Roman lesenswert, aber sicher nicht zu einem der besten von Grisham, dafür hat er zu viele Längen (und ein für meine Begriffe nicht besonders gut gelungenes Ende).
Das Hörbuch:
Charles Brauer kennen die meisten vor allem als Kommissar Brockmöller aus dem Hamburg-Tatort an der Seite von Manfred Krug. Er ist mittlerweile die deutsche Stimme der Grisham-Romane. Die auf 350 Minuten gekürzte Lesung trägt er mit der gewohnten Souveränität vor. Wir haben, wie so oft, das Buch auf langen Autofahrstrecken gehört, und wurden gut unterhalten. Die Diskrepanz zwischen dem Erzähler, der aus der Sicht seines siebenjährigen Ichs berichtet, und der sonoren, hörbar erwachsenen und „alten“ Stimme des Sprechers ist manchmal etwas irritierend. Als gedrucktes Buch hätte ich den Roman vermutlich auf halber Strecke weggelegt, so haben wir bis zum Ende durchgehalten, da es sich gut „nebenher“ hören liess – und die Kürzung hat dem zähflüssigen Plot sicher gut getan.
Summa summarum: ganz nette Unterhaltung für heiße Sommertage oder lange Autofahrten.
Das Hörbuch kann man z.B. bei Amazon auf CD erwerben, oder direkt bei Random House als Download (allerdings teurer). Bei Random House gibt es auch eine Hörprobe.
Bewertung: