Elmore Leonard – Banditen
Newsweek schreibt über ihn: „Der beste amerikanische Thriller-Autor, vielleicht der beste überhaupt.“
Man kann sich sicher darüber streiten, ob Elmore Leonard ein solcher Thriller-Gott ist. Fakt ist, er hat die Vorlagen zu einigen sehr spannenden Filmen geliefert, etwa zu ‚Schnappt Shorty‚, ‚Out of Sight‚ und dem Tarantino-Film ‚Jackie Brown‚. Überhaupt hat Leonard schon sehr viele Bücher und Romanvorlagen für Filme abgeliefert und man fragt sich wie der Mann das schafft.
Mit ‚Banditen‚ (Bandits) legte der 1925 geborene Autor im Jahr 1987 einen ziemlich lakonischen Kommentar zur Nicaragua-Politik der USA vor, der zu Unrecht wenig bekannt ist.
Elmore Leonard – Banditen
Natürlich hat Leonard plakativere, actionlastigere, toughere Romane geschrieben – aber alles, was man von einem Leonard-Roman erwarten kann, findet sich hier – verquere, eigenwillige Charaktere, der obligatorische Ex-Sträfling, hier gleich mehrfach vertreten, schöne Frauen, die überdies auch noch klug und ungewöhnlich sind, ein großer Coup, und nicht zuletzt seine unglaublich lebensechten Dialoge.
Da wären
- Lucy, die ehemalige Nonne, die in Nicaragua ein Lepra-Krankenhaus betreute
- Jack, der Ex-Juwelendieb, der in einem Bestattungsunternehmen lebt und arbeitet,
- Jacks Kumpel Roy, der ihm im Knast den Allerwertesten gerettet hat, früher ein Cop war und einfach alles (besser) weiss
- Oberst Dagoberto von den Contras
- ein Ölmilliardär
- ein Miskito-Indianer
- und ein desillusionierter FBI-Agent
Sie alle drehen und winden sich um einen ingeniösen Krimiplot um ein leprakrankes Mädchen, das Krankenhaus in Nicaragua und die Einordnung aller Beteiligten von Sandinisten und Contras über Gangster und wohlhabende Geldspender bis zu FBI und IRA zu den Fraktionen Gut und Böse (oder auch nicht). Dass alle Beteiligten versuchen, sich einige Millionen Dollar Spendengelder (für höchst unterschiedliche Zwecke) unter den Nagel zu reißen und nebenher noch ihr eignes verkorkstes Dasein in Ordnung oder doch wenigstens einen schlüssigen Sinnzusammenhang zu bringen, wird dabei zur zweitschönsten Nebensache der Welt.
Leonard dehnt hier die Grenzen des Genres ziemlich weit, und der Roman lässt etwas die knackige Flüssigkeit vermissen, die z.B. seinen schrägen Western-Krimi ‚Valdez Is Coming‚ auszeichnet. Dennoch liefert Leonard mit ‚Banditen‚ ein gutes Stück solider Unterhaltungsliteratur ab, das durch seinen für US-Amerikaner ungewohnt differenzierten kritischen Blickwinkel und seinen Detailreichtum starke Authentizität versprüht und einfach Spass macht.
Fazit: durchaus lesenswert, zum Einstieg in die Gedankenwelten Elmore Leonards aber eher nicht geeignet. Ein schönes, mit einem leisen ironischen Grinsen zu lesendes Buch für den Strandurlaub oder einen entspannten Sommertag auf der Terrasse eines kleinen Cafes…
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