Arto Paasilinna – Adams Pech die Welt zu retten (Hörbuch)
Arto Paasilinna ist heute einer der bekanntesten Autoren Finnlands. Er gilt als Vielschreiber, der meist etwas verschroben-abgedrehte Bücher in kurzer knapper Sprache schreibt, die einen sehr speziellen Humor haben.
Ich hörte das erste Mal von Paasilinna, als Jürgen von der Lippe und Ralf Schmitz in der Sendung Was liest Du sein Buch „Im Jenseits ist die Hölle los“ vorstellten – und mit ihrem Vortrag für eruptives Gelächter sorgten.
Arto Paasilinna – Adams Pech die Welt zu retten
gelesen von Jürgen von der Lippe (4 CD)
Die Geschichte, der man an einigen Punkten anmerkt, dass sie bereits im Jahr 1993 geschrieben wurde (der Originaltitel lautet schlicht „Aatami ja Eeva“, also Adam und Eva), entwickelt sich folgendermaßen…
Aatami Rymättylä ist ein begeisterter Erfinder, mit der Vision, die Welt zu verbessern durch die Herstellung eines neuen Akkus, der alle Energieprobleme und die damit verbundenen Umweltprobleme ein für alle Mal lösen soll. Wie das Grundlagenforschung nun mal so mit sich bringt, kostet die Entwicklerei aber Geld – und Aatami hat ingesamt 7 Kinder aus verschiedenen Beziehungen, die fast alle Unterhaltszahlungen erwarten und vom Richter zugesprochen bekommen haben. Ausserdem neigen seine Entwicklungen dazu, des häufigeren in die Luft zu gehen, so dass die Feuerwehr irgendwann nur noch die Achseln zuckt wenn es in Rymättyläs Werkstatt (und Wohnung) wieder einmal knallt. Dummerweise beschliessen sie just an dem Tag, an dem es wirklich heftig brennt, dieses Mal nicht nach dem armen Deppen zu sehen…
Doch auch ein solcher Rückschlag hindert Aatami nicht daran, schließlich den schokoladentafelgroßen Allzweckakku fertigzustellen, der die Welt retten wird.
Naturgemäß hat so ein verkanntes Genie auch die eine oder andere Finnmark Schulden, weswegen Aatami ein sehr persönliches Verhältnis zu seinem Gerichtsvollzieher pflegt – persönlicher jedenfalls als zu seinen Kindern. Und dann stolpert Assessorin Eeva Kontupohja in sein Leben, ihres Zeichens quartalssaufende Rechtsanwältin. Sie erkennt die Qualitäten des Erfinders ebenso wie das ungemeine Potenzial, das in seiner Erfindung steckt, nimmt ihn an der Hand, und so langsam beginnt das Leben des armen Genies sich zu wandeln. Bald schon locken Millionen, ein Geschäftsabschluss mit einem japanischen Konsortium – und die erdölexportierenden Emirate beauftragen einen sizilianischen Profi-Killer damit, den unliebsamen Rymättylä aus dem Weg zu räumen. Ein Killer, von dem noch einiges zu erzählen sein wird.
Material für skurrile Szenen gibt es hier mehr als genug, der Plot dagegen ist nicht immer eben zwingend, streckenweise reichlich realitätsfern, was Paasilinna allerdings durch die Spielfreude seiner verschrobenen Charaktere ganz gut ausgleicht. Das Buch besteht im Grunde aus zwei Teilen – im ersten Abschnitt lernt man den kauzigen Bastler in seiner Werkstatt und sein verkorkstes Leben im finnisch-grauen Alltag kennen, und das Ganze ist eine liebevoll skizzierte Geschichte über eine skurrile Type. Im zweiten Teil kippt der Roman in eine sehr phantastische Welt ab, denn Rymättylä – soviel muss verraten werden – schafft das Unglaubliche: durch eine Verquickung absurdester Umstände seinen Akku an den Mann zu bringen und reich zu werden – bis seine Anwältin in einer Saufepisode versackt und alles sich zu überstürzen scheint…
Irritierend sind immer wieder lange Aufzählungen von Details und Zahlen, die sich als ein repetetiv-einschläferndes Moment durch die Erzählung ziehen. So richtig zum Leben erweckt wird das kalte Finnland mitsamt den schrägen Figuren im Hörbuch aber auch erst durch die ruhige Märchenonkelstimme von der Lippes, der mit hörbarer Freude finnische (und andere fremdländische) Namen intoniert und die Lust weckt, Aatami und sein Leben in- und auswendig kennen zu lernen. So ist es auch sein perfekter Vortrag, der diesen eher mäßig interessanten, allerdings oft sehr hintergründig humoresken Text Paasilinnas zu einem echten Hörvergnügen macht – ich werde mir sicher auch seine anderen Lesungen von Paasilinna-Büchern gönnen.
Enttäuschend fand ich, bis auf das skurrile Ende, dass ab dem Zeitpunkt, da die Hauptfigur ihren Lebenstraum erreicht hat, eigentlich – außer den Alkoholexzessen der Anwältin – nicht mehr so richtig viel passiert – man wartet auf den Big Bang, auf Komplikationen, während die Handlung eher alkoholselig dahinplätschert – doch der Bang kommt ganz ganz subtil und leise erst am Schluss.
Dramaturgisch hätte man das besser lösen können, und deswegen werden die letzten 90 Minuten des Hörbuchs dann auch ein wenig lang. Dennoch, Jürgen von der Lippe, der Arto Paasilinna liest, ist eine uneingeschränkte Empfehlung wert – hier ergänzen sich Text und Vortragender auf das schönste.
Lohnt sich.
Bewertung:
[…] ist die Geschichte bei aller Detailverliebtheit und humorösen Einlagen nicht; wie schon bei Adams Pech die Welt zu retten lässt die Story im letzten Viertel des Buches stark nach, das Pulver ist verschossen, im Grunde […]