The Everything Thai Cookbook
Ende 2009 waren wir mit Freunden im Thailand-Urlaub auf Ko Samui, und eigentlich hatte auf dem Plan für diesen Urlaub auch ein Kochkurs beim traditionellen Samui Institute of Thai Culinary Arts gestanden.
Aus verschiedenen Gründen zerschlug sich der Plan jedoch; statt dessen bestellte ich mir (u.a.)
The Everything Thai Cookbook: From Pad Thai to Lemongrass Chicken Skewers–300 Tasty, Tempting Thai Dishes You Can Make at Home
Das Buch war eine zunächst eine herbe Überraschung, denn meine erste Reaktion beim Durchblättern des Buches war ein tief empfundenes Was für eine Geldverschwendung!
Nicht nur, dass die Autorin allen Ernstes behauptet, Sojasauce sei ein adäquater Ersatz für Fischsauce, oder dass 2-3 Habanero-Chilis statt 2-3 Birds Eye-Chilis eingesetzt werden könnten; eine existenzielle Zutat wie Galgant taucht genau einmal auf (im Glossar, in dem sie anmerkt, dass sie im gesamten Buch Galgant durch Ingwer ersetzt hat), nein, nicht einmal bei Tom Kha Gai (wörtlich Suppe-Galgant-Huhn) macht sie sich die Mühe, zu erwähnen dass man hier Galgant verwenden könnte, nein sollte… auf die verschiedenen Basilikumarten wird gar nicht erst eingegangen, statt dessen steht überall nur generisch ‚basil‘ (wie Thaiküche mit italienischem Basilikum schmeckt, dürfte zumindest unter interessante Erfahrungen fallen…)
Und dann ist der Titel schlicht irreführend. Ich habe die Gesamtzahl der Rezepte nicht händisch überprüft, aber allein der Rezeptindex am Ende listet
- 7 Gerichte aus Kambodscha
- 6 Gerichte aus Vietnam
- 9 Gerichte aus Indien,
das Kapital Regional Cuisines bietet Küche aus halb Südostasien auf, und unter den 42 dort gelisteten Rezepten findet sich noch deutlich mehr aus Indien, Singapur, Vietnam und den Nachbarstaaten, im Kapitel Thai-Inspired Cooking stehen weitere 29 Rezepte, die eher typisch amerikanisch und mit Thai-Aromen versehen sind, plus einige Nicht-Thai-Irrläufer quer durchs Buch. Im besten Fall stammen also schon mal mindestens 71 der 300 versprochenen Rezepte gar nicht aus Thailand.
Auf der anderen Seite muss man der Fairness halber anmerken, dass man natürlich auch in Thailand von den Nachbarn inspirierte Gerichte isst; dass chinesische Küche in Bangkok ebenso einen festen Platz hat wie roti mit kaya, eine typisch malayisch-indonesische Spezialität; die Küche des Nordens hat mehr gemein mit der von Myanmar und Laos als mit der Kokosküche des Südens – die Nachbarländer haben viel von der thailändischen Küche beeinflusst und umgekehrt. Dennoch ist ein Anteil von gut einem Viertel nicht-thailändischer Rezepte für ein Everything Thai Cookbook meiner Ansicht nach recht hoch.
Und jetzt kommt das Aber.
Irgendwann probierte ich dann doch ein Rezept aus dem Buch, und das war ziemlich gut. Und dann noch eins. Und noch eins. Und stellte fest: das, was in dem Buch versammelt ist, schmeckt tatsächlich (so man ‚basil‘ mit bai horapa übersetzt, und ggf. mal schaut, ob irgendwo Galgant angemessen wäre statt Ingwer). Verschiedene Salate, Dipps, Gemüse- und Fleischgerichte haben den Weg in meine Küche gefunden, und schmeckten ausnahmslos lecker und vergleichsweise authentisch; aktuell kleben ungefähr 10 Post-its im Buch für Dinge, die ich noch machen will.
Zu den Highlights gehörte Pepper & Garlic Pork, das schmeckt wie aus den kleinen Restaurants in Südthailand; aber auch das beste Rezept für indische Samosas, das mir je begegnet ist. Noch keines der Rezepte die ich probiert habe, enttäuschte – alles klappte, schmeckte, und würde ich wieder machen, und die Bandbreite an Gerichten ist so groß, dass man immer wieder Neues findet. Natürlich brauche ich kein „Rezept“, wie ich Thai-Duftreis koche, und auch „frittierten Tofu mit Dippsaucen“ als eigenes Rezept aufzuführen, halte ich für zumindest fragwürdig (um nicht zu sagen Zeilenschinderei), ist aber eben auch dem Jedermann-Anspruch der Buchreihe geschuldet.
Mittlerweile hat sich das Buch einen festen Platz in meiner Riege asiatischer Kochbücher erobert; es ist eins, das ich zur Hand nehme, wenn ich schnelle, frische Küche ohne Tamtam suche, oder auch mal nach vietnamesischer und kambodschanischer Küche abseits meiner gewohnten Kochpfade, und dass keine Bilder drin sind, stört mich ja ohnehin nicht.
Fazit: nach einem ersten Schreck und einigen erfolgreichen Rezepttests ziemlich empfehlenswert für alle, die gern thailändisch kochen.
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