Michael Crichton – Timeline
Michael Crichton schreibt üblicherweise sehr gut recherchierte Thriller mit einem phantastischen wissenschaftlichen Hintergrund, der zwar so noch nicht existiert, aber sehr wohl existieren könnte. Für „Timeline“ hat sich der amerikanische Erfolgsautor das Thema Zeitreise vorgenommen.
Michael Crichton – Timeline. Eine Reise in die Mitte der Zeit
Wie von Crichton gewohnt, sind Wissenschaftler und Spezialisten seine Hauptakteure. Und wie so oft ein großer böser Konzern… der gänzlich alleine und ohne dass es jemand merkt, eine Zeitreisetechnologie auf Quantenbasis entwickelt hat und sich anschickt, damit die Welt zu verändern.
Seine Zeitreisetheorien baut Crichton auf modernen Erkenntnissen der Quantenphysik auf und behauptet u.a., dass die Zeit an sich nicht verändert werden kann, sondern man sich per Quanten-Zeitsprung in eine Art alternativer Realität begibt, die keine Einflüsse auf das Heute hat. Diese Idee – wie so manch andere seiner wissenschaftlichen Behauptungen – vergisst er jedoch im Lauf des Romans zugunsten von Plotwendungen, die ihm gerade opportun erscheinen.
Und das ist wohl auch das größte Manko an dieser Zeitreisegeschichte – trotz am Ende des Buches gut dokumentierter Recherchearbeit haben sowohl die Handlungsfäden als auch die wissenschaftlichen Ansätze riesige klaffende Lücken. Die Plots sind an den Haaren herbeigezogen, unlogisch und gleichzeitig in ihrer Plumpheit vorhersehbar; die Protagonisten sind Abziehbild-Actionhelden und haben keinerlei Tiefe oder echte Persönlichkeit. Während man am Anfang noch mit gewissem Interesse durch Crichtons etwas langatmige Erklärung von Quanten- und Pseudo-Quantenphysik blättert, verfällt der innere Handlungszusammenhang zusehends, als seine Helden sich per Zeitmaschine ins Mittelalter begeben, um einen verschollenen Geschichtsprofessor zu suchen und zu retten.
Ich mochte kaum glauben, dass dieses Buch wirklich aus der Feder von Michael Crichton stammt. Seine Beschreibungen der Szenerie im 100jährigen Krieg und seine Hollywood-Version des Mittelalters samt Gegner-Abschlachten im Dauerschwertkampf sind einfach unerträglich; die Haupthandlungsträger stolpern ohne Gemütsregung erfolgreich (!) von Schlacht zu Katastrophe zu Schlacht mit mittelalterlichen Gegnern, die wie im PC-Spiel grundsätzlich erst mal auf alles eindreschen… natürlich gibt es einen Verräter in den eigenen Reihen, und schließlich sendet Herr Professor eine Nachricht in die Zukunft, indem er etwas an einem Ort vergräbt, an dem seine Archäologie-Studis es auch garantiert finden müssen….
Wenn diese Zeitlinie (Timeline) keinen Einfluss auf das Hier und Jetzt hat, wieso findet jemand die Botschaft aus der anderen Realität? Und wenn der Konzern, der natürlich den mittelalterlichen Themepark eröffnen will (was sonst), eine Technik entwickelt hat, mit der man Menschen minutengenau versetzen kann, warum schickt man nicht jemanden vor dem Professor ins Mittelalter und warnt ihn? Warum schreibt der Wissenschaftler sich nicht selbst eine Message, die er finden kann, bevor er ins Mittelalter abtaucht? Simple Logik scheint völlig abhanden gekommen zu sein.
Crichton hat wahrlich bessere Romane geschrieben als Timeline. Für die Recherchemühe und den gewohnt flüssigen Schreibstil gibt es zwei Punkte. Als unterhaltsame Urlaubslektüre könnte dieser Roman taugen, ich würde aber lieber anderes von Crichton lesen.
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