Chris Kresser – Your Personal Paleo Code
Schaut man dieser Tage durch die Blogs und Buchveröffentlichungen derer, die sich mit Ernährung, und dabei besonders der Richtung Paleo / Low-carb befassen, fällt auf, dass fast alle Publikationen Begriffe wie „Solution“, „Protocol“ oder „Code“ im Titel tragen. Das soll wohl darauf hindeuten, wie toll, einzigartig, wirksam, etabliert, wissenschaftlich etc. pp. die jeweiligen Ansätze sind, und natürlich behauptet fast jeder, dass er das einzig selig machende System erfunden habe.
Enter Chris Kresser, Alternativmediziner und nach Aussage seines eigenen Blogs
one of the 100 most influential people in health and fitness, along with Michelle Obama, Michael Pollan, Dr. Andrew Weil, Tim Ferriss, Mark Sisson, Robb Wolf and Dr. Mercola
Chris Kresser ist mir als Lowcarb/Paleo-Blogger und Podcaster schon lang ein Begriff, und so interessierte mich, was er in seinem Buch
Your Personal Paleo Code: The 3-Step Plan to Lose Weight, Reverse Disease, and Stay Fit and Healthy for Life
als seinen speziellen Twist an der kohlenhydratarmen Ernährung verkauft. Das Versprechen:
Discover your own ideal diet with the Personal Paleo Code.
Wie eigentlich die meisten Autoren aus diesem Themenbereich verspricht er nichts weniger als „This book can save your life.“, und legt dann erst mal mit seiner persönlichen Leidens- und Erfahrungsgeschichte los. Dann wird erklärt, warum seiner Ansicht nach Ernährung an quasi allen degenerativen und Zivilisationskrankheiten schuld ist, plus die unvermeidliche Frage danach, wie gut wir Menschen an das, was wir heute essen, eigentlich angepasst sind. Das ist alles ebenso nett wie bekannt und generisch – mittlerweile könnte ich ein Handbuch schreiben, wie man einen Diätratgeber effektiv für den (amerikanischen) Markt aufbereitet.
Es folgen drei Abschnitte mit den Titeln
- Reset Your Diet
- Rebuild Your Life
- Revive Your Health
In diesen wird das kleine und große Einmaleins der gesunden Ernährung im 21. Jahrhundert (gute Fette und Proteine, was sollte man vermeiden) ausgerollt und gut verständlich erklärt; es gibt ein paar hübsche Selbsttest-Checklisten zu Bewegung, Schlaf, Spaß am Leben, die ungefähr so subtil wie ein Schmiedehammer sind, und nette Anweisungen, wie man mehr Wellness und Lebensqualität ins Leben bringt. Schließlich folgt die versprochene „Personalisierung“ des Lebensstils, die den Leser dazu anregt, selbst herauszufinden, was der vorgeschlagenen Dinge und Ernährungsformen und -Veränderungen für ihn oder sie funktioniert. Das hat allerdings nichts mit irgendeinem „Code“ oder einer wissenschaftlichen Systematik zur Aufschlüsselung der entsprechenden persönlichen Modifikationen zu tun, sondern ist schlicht gesunder Menschenverstand mit viel Wohlfühl-Wellness-Rhetorik.
Parallel dazu war das Buch bei Erscheinen ein Sales Pitch für ein kostenpflichtiges Ernährungs-/Lifestyle-Beratungs-Programm, unter gleichem Namen, aus dem Personal Paleo Code ist derweil aber The Paleo Cure geworden, ein weiteres Buch, vermutlich ein Neuaufguss dieses Werks.
Was ich an dem Buch mag, ist, dass Kresser darauf eingeht, dass Menschen verschieden sind, und es keineswegs nur One-Size-Fits-All-Lösungen gibt, sondern hier und da vielleicht doch Anpassungen notwendig sind. Der Begriff „Paleo“ im Titel ist meines Erachtens eher irreführend, denn was Kresser vertritt, geht mehr in die Richtung der Weston A. Price Foundation, als dass es eine reine Paleo-Ernährung beschreibt.
Den „Personal Paleo Code“ muss ich allerdings tatsächlich selbst entdecken, dabei hilft dieses Buch überhaupt nicht. Grundsatzinformationen zu Paleo-Ernährung und Low-Carb findet man zu Hauf im Netz, und derweil auch besser in Werken wie dem (ausgezeichneten) The Real Meal Revolution von Tim Noakes oder dem Whole-30-Buch It Starts with Food. Am Ende ist Your Personal Paleo Code nur ein weiteres Buch, das auf der Paleo-Welle reitet, und nicht viel mehr als die überall zu findenden Standardinformationen, die üblichen Speisepläne und Anekdoten und unvermeidliche Buzzwords wie Life-Hacking und die 80/20-Regel rauskramt.
Kann man lesen, muss man aber nicht – es gibt Besseres, und das eigentliche Thema verfehlt der Autor.
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