John Scaggs – Crime Fiction
John Scaggs ist Dozent für Englisch am Mary Immaculate College in Limerick in Irland. Für die Reihe The New Critical Idiom, erschienen bei Routledge, hat er einen Band über das weite Feld der Kriminalliteratur beigesteuert.
The New Critical Idiom is a series of introductory books which seeks to extend the lexicon of literary terms, in order to address the radical changes which have taken place in the study of literature during the last decades of the twentieth century. The aim is to provide clear, well-illustrated accounts of the full range of terminology in use, and to evolve histories of its changng usage.
schreibt Herausgeber John Drakakis über die Reihe.
John Scaggs – Crime Fiction
versucht, das für das weite Feld der Crime Fiction zu leisten.
In 6 Kapiteln nähert er sich diesem umfangreichen Genre:
- A Chronology of Crime
- Mystery and Detective Fiction
- The Hard-Boiled Mode
- The Police Procedural
- The Crime Thriller
- Historical Crime Fiction
Im Eingangskapitel umreisst Scaggs zunächst sein Thema, einschliesslich der Problematik, dass ein strukturalistischer Ansatz zur Untersuchung des Genres und seiner Subgenres nur ebenso bedingt tauglich ist wie ein diachronischer, und stellt einmal kurz die Hauptströmungen und Subgenres vor, denen er sich zu widmen gedenkt, mit einem knappen Abriß zu ihrer historischen Einordnung. Das ist streckenweise mühselig zu lesen und hat sehr viel von einer staubtrockenen Basisvorlesung.
Den dozierenden Ton wird er nie ganz los, das Buch ist eine literaturwissenschaftliche Vorlesung im Taschenbuchformat, aber tatsächlich gelingt es Scaggs, nicht zuletzt durch seinen Rückgriff auch auf die TV- und Filmgeschichte und die Untersuchung von Phänomenen wie CSI oder Kinofilmen wie Blade Runner und Angel Heart, einen Bogen zu schlagen von der Golden Age Literatur eines Arthur Conan Doyle oder einer Agatha Christie zu den sich von dieser Art Literatur doch fundamental unterscheidenden Romanen des ausgehenden 20. Jahrhunderts und sogar des Cyberpunk, und damit einen Gesamtzusammenhang herzustellen, der angesichts der Komplexität und Vielfalt von Kriminalliteratur schon für sich genommen eine große Leistung darstellt.
Zum Glück kann man das Buch durchaus auch selektiv lesen – die Kapitel über den Hard-Boiled Mode, Police Procedural und die historischen Kriminalromane haben mich am meisten angesprochen, und obwohl ich auch dort oft Probleme hatte geistig der massiven Faktenfülle noch mit konzentrierter Aufmerksamkeit zu folgen, habe ich doch sehr viel über diese literarischen Formen gelernt, was mir selbst beim Schreiben von crime fiction zugute kommen wird. Höchst aufschlussreich fand ich einen textlichen Vergleich zwischen Ecos Namen der Rose und einigen Texten von Arthur Conan Doyle; sehr interessant sind auch die Überlegungen zu den gesellschaftlichen Strukturen, welche bestimmte Gattungen zu zementieren scheinen.
Trotz streckenweise ermüdend zu lesender Passagen ist Crime Fiction ein Stück hochinteressanter Sekundärliteratur der Literaturwissenschaft, welches – nicht zuletzt dank eines umfangreichen Literaturverzeichnisses – nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für Autoren eine grosse Bereicherung des Wissensschatzes darstellt.
Wer sich ernstlich mit crime fiction auseinandersetzen will, dem sei dieses 170 Seiten starke Bändchen wärmstens empfohlen.
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