Belletristik

Mark Haddon – The Curious Incident of the Dog in the Night-Time

4 gelbe Autos hintereinander – das bedeutet einen schlechten Tag. Und einen schlechten Tag hat Christopher auch, als er den Hund der Nachbarin tot auffindet – mit einer Mistgabel erstochen. Zu allem Überfluss hält die Polizei ihn für den Täter, und als der Polizist ihn mit Fragen bombardiert, ist Christopher überfordert – er ist Asperger-Autist. Prompt beginnt er unkontrolliert um sich zu schlagen, als der Polizist ihn fest am Arm fasst – und landet auf der Polizeiwache, wo sein Vater ihn auslösen muss. Christopher ist in Schwierigkeiten.

Das hält den Fünfzehnjährigen, der mit seiner Umwelt so einige Probleme hat, jedoch nicht davon ab, herausfinden zu wollen, was wirklich mit Wellington, dem ermordeten Hund, geschah. Gestützt auf die brillante Logik eines Sherlock Holmes, den Christopher verehrt (im Gegensatz zu Sir Arthur Conan Doyle, den er verachtet, weil er an Übernatürliches glaubte), macht sich Christopher daran, das Geheimnis zu ergründen, das sich um die Ermordung Wellingtons rankt. Seine Lehrerin Siobhan ermutigt ihn, ein Buch darüber zu schreiben, was er tut.

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The Curious Incident of the Dog in the Night-Time

So erfahren wir, dass sein Essen sich nie auf dem Teller berühren darf, dass seine Mutter an einem Herzproblem gestorben ist, wir finden heraus dass sein Vater Mr. Shears, den Mann von Mrs. Shears, hasst, und nebenher lernen wir, die Welt aus einem ganz anderen Blickwinkel zu sehen – von jemandem, der gern allein ist, gute und schlechte Tage nach der Anzahl roter und gelber Autos definiert, Gelb ekelerregend findet, eingefärbtes Aloo Gobi Sag isst und Lakritzbänder mag, seine zahme Ratte Toby liebt, nach einem festen Tagesplan lebt und jegliche Veränderung darin höchst beunruhigend findet. Denn Zeit ist nicht wie Raum, lässt sich nicht als Karte zeichnen. Christopher macht von allem, was ihn beunruhigt, Pläne, Karten, Mind-Maps. Urlaub ist für Christopher Horror, weil da keine festen Tagesabläufe existieren.

Und schließlich, nach einem Streit mit seinem Vater, der nicht will, dass Christopher weiter seiner albernen Detektivtätigkeit nachgeht, entdeckt Christopher noch ein viel größeres Geheimnis – eines, das seine Welt komplett aus den Fugen zu reissen droht…

Mark Haddon hat einen sehr ungewöhnlichen Romanhelden geschaffen, der durch seinen andersartigen Blick auf die Welt so manches Lächeln ins Gesicht zaubert. Mit viel Charme zeigt er die Wichtigkeit auch und gerade der kleinen Dinge, hilft uns, in eine Psyche zu tauchen, die für die meisten Leser völlig ungewohnt und fremd ist. In gewisser Weise ist „The Curious Incident“ eher ein sehr knackig geschriebener Jugendroman über Toleranz und Familie und Freunde als ein Krimi, als Lektüre für ältere Kinder und Jugendliche sicher gut geeignet.

Ein Wermutstropfen ist vielleicht, dass Haddon Klischee um Klischee anhäuft, wodurch Christopher zu einem Superautisten mutiert, der nicht nur Nahrungsticks hat, Gesichter und Gemütsregungen nicht erkennt, an sensorischen Overloads leidet, sondern auch unkontrolliert um sich schlägt, ein fotografisches Gedächtnis hat und natürlich ein Mathematikgenie ist und Physik und Astronomie vergöttert. Sein Held ist praktisch allein lebensunfähig, trotz großartiger geistiger Leistungsfähigkeit nur ein armer Behinderter. So macht Haddon mit der Überzeichnung des Charakters ein wenig kaputt, was das Buch sonst hätte leisten können – normalen Menschen eine andere Welt, die der Wahrnehmung eines neurologisch andersartigen Kindes zu zeigen, ohne die Andersartigkeit gleich als Behinderung zu erleben. Dennoch unterhaltsam, spaßig bis melancholisch und lesenswert.

Bewertung: ★★★½☆