Karlheinz Günster – Gimp 2 – Fotos korrigieren und retuschieren
Immer mehr Anwender benutzen das kostenlose Bildbearbeitungsprogramm GIMP, immer mehr Menschen fotografieren digital und möchten ihre Bilder gern mit der Open-Source-Software bearbeiten, doch die meisten Tutorials, auch in Computerzeitschriften, befassen sich ausschließlich mit Programmen wie Photoshop, Photoshop Elements oder den (kostenpflichtigen) Grafiksuiten anderer Hersteller.
Für die Bildbearbeitung braucht man nun kein umfangreiches Buch, das alle Fähigkeiten einer Grafiksoftware auslotet – ein kleines, handliches Kompendium für den Einsteiger ist im täglichen Gebrauch viel nützlicher.
Eine solche Kurzanleitung will
Karlheinz Günster – Gimp 2 – Fotos korrigieren und retuschieren
dem ambitionierten Hobbyfotografen an die Hand geben.
Das Buch – auf dessen Cover ein „Für Windows und Linux“ prangt – beginnt mit GIMP installieren – unter SuSE Linux, von Scratch, für Windows, und erklärt auch umständlich ein (Binär-)Update. Dafür geht der Autor auf die Existenz vorkompilierter Packages in den verschiedenen Distributionen gar nicht ein.
Kapitel 2 widmet sich dem Arbeiten mit Gimp – es werden grundlegende Tipps zu Aufnahmetechnik gegeben, der Unterschied zwischen pixel- und vektorbasierten Grafiken erklärt, die Werkzeuge von GIMP kurz vorgestellt, das Menü erläutert und Günster gibt Tipps, wie man seine Arbeitsumgebung einrichten kann. Eingestreut ist Grundlagenwissen über Farbräume und Farbwerte und Dateiformate. Es fehlt ein Hinweis auf hilfreiche Tools wie den Deweirdifyer, der gerade Windows-Usern die Problematik von floating windows, die für sie verwirrend sein können, erspart. (Nachtrag: Anno 2010 existiert das Plugin nicht mehr, da sich die Struktur von GIMP seither grundlegend geändert hat)
Themen wie TIFF und RAW werden angerissen, die GIMP-spezifischen Probleme mit RAW aber ausgelassen. Im Grunde hätte auch eine Referenzkarte oder ein Blick ins GIMP Benutzerhandbuch gereicht – es drängt sich mir der Verdacht auf, dass hier Seiten preiswert gefüllt werden mussten.
Im anschließenden Kapitel So kommt das Bild in den Computer geht es um das Scannen unter Windows wie unter Linux mit sane bzw. xsane. Der kurze Text ist für einen Laien zu hochschwellig und für jemanden, der sich mit der Materie auskennt, unnötig. (Das meines Erachtens beste Buch zum Thema Fotos scannen ist übrigens Digitalisieren von Dias und Negativen).
Da xsane in GIMP eingebunden ist, genügt an und für sich ein Verweis auf das entsprechende Menu. An dieser Stelle hätte ich mir eher Hinweise darauf gewünscht wie man unter Linux zum Beispiel mit dem Anschließen verschiedener Kameras (USB mass storage oder PTP) umgeht, oder auch auf passende Softwaretools (wie etwa cam2pc) für den Windows-Bereich, die den Workflow einschließlich korrekter Benamung und Nummerierung erheblich vereinfachen.
Auf Seite 69 (von rund 200) kommt dann endlich das, wofür man sich das Buch gekauft hat: Bilder bearbeiten und verbessern.
Themen sind: Flaue Bilder im Kontrast verstärken – Schwierige Belichtungsituationen – Aus Farbe wird Schwarzweiss – Farbstich korrigieren – Kontaktabzüge – Gebäude geraderücken – Rote Augen korrigieren – Retuschieren – Weichzeichnen – Schärfen – Zusätzliche Lichtquellen – Bilder altern – Mit GIMP zeichnen und malen.
Die in diesem Teil vermittelten Tipps sind hilfreich und zeigen, dass GIMP den Vergleich mit anderen Bildbearbeitungsprogrammen nicht zu scheuen braucht. Und – auch wenn es ein alter Hut ist – den Tipp grundsätzlich nur mit Kopien der Original-Bilddaten zu arbeiten, kann man gar nicht oft genug wiederholen! Die begleitenden Abbildungen allerdings sind (wie das gesamte Buch) in schwarzweiß, was gerade Farbkorrekturen nur mühsam erahnen lässt, und auch nicht besonders hochwertig gedruckt. Viele Bildbeispiele sind deswegen relativ nutzlos. Der gerade für die digitale Fotografie so wichtige Weißabgleich kommt gar nicht vor, die Frage wozu (mit Imagemagick) erstellte Kontaktabzüge von digitalen Bildern nützlich sind, beantwortet Günster nicht.
Im nächsten Kapitel geht es um Bilder ausgeben und präsentieren. Der Autor ergeht sich in (hilfreichen) Details zu den Problemen so mancher Druckereinbindung unter Linux und erläutert ein weiteres Mal Farbräume und Farbprofile sowie die Möglichkeit der pluginbasierten CMYK-Separation mit GIMP. Verglichen mit den Bildretusche-Anleitungen sehr umfänglich erläutert er dann, wie man Bilder für die Darstellung im Web professionell skaliert und optimiert. Die Tipps sind ausgezeichnet, und ich wünsche mir, seine Auseinandersetzung mit der „normalen“ Fotoverbesserung wäre ähnlich detailliert.
Das vorletzte Kapitel, Gimp Automatik, befasst sich kurz mit den Automatikfunktionen von GIMP. Auf den verbleibenden 10 Seiten – Kunst und Gimp – reißt der Autor dann noch die künstlerischen Potenziale der Grafiksoftware an.
Im Anhang finden wir einen Absatz zu den Unterschieden von GIMP 2 zu GIMP 1.x, der verzichtbar ist, sowie eine kleine Linksammlung mit rund 25 Einträgen zu genannten Themen wie Sane, Turboprint, Gimpprint. CUPS und natürlich GIMP und Gimp-Plugins.
Fazit
Dieses laut Klappentext „praxisgerechte“ Buch „in Form von Workshops“ liefert kurz und kompakt Anleitungen, wie man häufige Fehler bei der Fotografie mit GIMP korrigieren kann. Leider befasst sich der Autor aber schwerpunktmäßig anscheinend lieber mit Farbprofilen und der Weboptimierung von Bildern, als mit der täglichen Retusche, echte Experten-Tipps und Tricks jenseits des Handbuchwissens sucht man hier vergeblich.
Das Thema RAW wird lediglich kurz in einem Absatz erwähnt, dabei ist es gerade für den fortgeschrittenen Digitalfotografen eines der wichtigsten überhaupt. Die schlecht gedruckten Schwarzweiß-Beispielbilder sind ein absoluter Minuspunkt. Mir ist schon klar, dass man für 11,95 Euro keine hochauflösenden Farbprints an den Mann bringen kann, und das Buch offenbar als günstiger Mitnahmeartikel konzipiert ist, aber an den Anforderungen eines Fotografen, der seine Bilder verbessern will, geht es gerade wegen der schlechten Bildqualität vorbei. (Der Fairness halber: auf der Website des Autors gibt es einige der Beispielbilder dann auch in Farbe und hochauflösend zum Anschauen).
Und, auch wenn ich da vielleicht alleine bin, ich will in einem Buch über Bildbearbeitung mit einer bestimmten Software nicht lesen müssen, wie ich meine Hardware einrichte, das ist für mich am Thema vorbei, das kann ich alleine.
Meines Erachtens kann man sich das Geld für dieses Buch sparen, dafür lieber das GIMP Handbuch lesen und sich zum Beispiel an den ausgezeichneten Tutorials von Gimpguru versuchen.
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