James Lee Burke – Pegasus Descending
Der 15. David Robicheaux-Roman
Im Urlaub bescherte mit das Bücherregal eines der Hotels, in dem wir übernachteten, diesen Roman:
James Lee Burke: Pegasus Descending
Von James Lee Burke hatte ich bislang nur in Sekundärliteratur über das Krimi-Genre gelesen, besonders wenn es um die Variante des hard boiled Detektivs geht. Und obwohl David Robicheaux, die Hauptfigur dieser Krimi-Reihe, ein Vertreter des Gesetzes ist und ein ordentliches Leben in Iberia, Louisiana, lebt, verheiratet mit einer Ex-Nonne, die seine Muse und sein Gewissen zu sein scheint, ist er in der Tat ein würdiger Vertreter dieser Tradition.
Wir schreiben das Jahr 2005. Dave Robicheaux muss sich gleich mit drei ungeklärten Todesfällen herumschlagen. Nummer 1 ist ein Mädchen, beinahe eine junge Frau, kurz vor dem College-Alter, die mit einer Schusswunde im Kopf im Vorgarten ihres Wohnhauses gefunden wird. Alle Anzeichen deuten auf Selbstmord – aber welchen Grund hätte es gegeben? Sie war schön, hatte gute Noten, nahm keine Drogen – und doch deutet die Autopsie auf Drogenmissbrauch und mehrfachen Sex mit verschiedenen Männern kurz hintereinander hin. Irgendetwas ist hier gar nicht so wie es sein sollte.
Dann sind da die skelettierten Überreste eines Obdachlosen, die nach offenbar 12 Monaten Liegedauer in einem Abwasserkanal gefunden wurden. Auf den ersten Blick scheint er ein Opfer eines Fahrerfluchtunfalls gewesen zu sein, aber auch hier passen die Details nicht zusammen.
Nummer drei ist Tony Lujan, Collegestudent aus gutem Hause, der mit einer Pumpgun erschossen wurde. Robicheaux hat den unbestimmten Verdacht, dass alle drei Taten zusammenhängen, aber ihm fehlt der entscheidende Hinweis. Die Spuren führen zu zwei wohlhabenden Männern: Bellerophon Lujan und Whitey Bruxal. Beide arbeiten im Casinogeschäft und haben Beziehungen zur Mafia. Doch der Staatsanwalt möchte die Taten lieber einem lokalen Drogendealer namens Monarch Little anhängen, der praktischerweise ausserdem arm und schwarz ist.
Robicheaux hat vage Erinnerungen aus einer alkoholumnebelten Nacht vor 25 Jahren, in der sein damaliger Kumpel Dallas Klein, ein Vietnam-Veteran, von jemandem ermordet wurde, der mit Whitey Bruxal zu tun hatte. Und nun taucht eine Frau auf, die sehr wohl Dallas Kleins Tochter sein könnte, und legt sich mit den Casinoleuten, allen voran Whitey Bruxal, an…
James Lee Burke legt die Handlung höchst elaboriert an, lässt die Vergangenheit und die seelischen Narben Robicheaux‘ plastisch vor dem Leser auferstehen. Robicheaux ist ein gebrochener, komplizierter, düsterer Charakter, der eher Glück hat auf der richtigen Seite des Gesetzes zu stehen, verfolgt von seinen eigenen Dämonen, die ihn zu einem hochgradig spannenden und authentischen Protagonisten machen. Die Entwicklung der Story ist nicht minder gekonnt, die speziellen Eigenheiten der Gesellschaft Louisianas und das bisweilen für Aussenstehende bizarr anmutende soziale Gefüge der US-Gesellschaft der Südstaaten spielen hier ebenso eine Rolle wie das heissfeuchte Klima der amerikanischen Golfküste.
Ein exzellenter, durchdachter Plot, fabelhafte Charaktere, und eine sprachlich meisterhafte Umsetzung auf den Punkt machen klar, warum James Lee Burke auch nach 15 Romanen mit David Robicheaux zu den Stars seines Genres gezählt werden darf. Das macht Lust auch die vorangegangenen 14 Romane zu lesen. Super Thriller-Unterhaltung mit einem faszinierenden Antihelden.
Bewertung: