James Ellroy – The Cold Six Thousand
„The Cold Six Thousand“ ist das erste Buch von James Ellroy, das ich gelesen habe, insofern weiß ich nicht, ob seine Sprache in den anderen Werken sich zu ebenso extremen Formen aufschwingt. Denn die Sprache ist das, was dieses Buch schon beim Anlesen bemerkenswert und aussergewöhnlich macht – kurze, stakkatoartige Sätze, verdichtete, teilweise abgebrochene Prosa… nur schwer erschließt sich am Anfang diese Art, die Handlung und die Gedanken der Protagonisten in winzige Bruchteile zu zertrümmern.
James Ellroy – The Cold Six Thousand
Setzt man die Splitter und Satzfragmente dann aber zu einem Ganzen zusammen, entfaltet sich ein schillerndes Panorama der US-amerikanischen Alpträume und Abgründe.
Wayne Tedrow, ein junger Polizist aus Las Vegas, erhält sechstausend Dollar – und einen Job in Dallas, von dem er irgendwann kapieren wird, dass es sich um eine der größten Vertuschungsaktionen für eine Verschwörung handelt, die er sich nur vorstellen kann. Was beginnt, ist eine Reise in die Unterwelt der Vereinigten Staaten – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.
Ob Ku Klux Klan oder Vietnam, Robert Kennedy und die Mobsters oder Hoover und Martin Luther King, Ellroy lässt keines der finsteren Themen der Sechziger aus, und verwebt die fern wirkenden Handlungsstränge zu einem erschreckenden Pandämonium aus Betrug, Erpressung, Angst, Paranoia, Verschwörungen und Rassismus.
„The Cold Six Thousand“ wirft so manche bohrende Frage über die tatsächlichen historischen Abläufe dieser Zeit erneut auf. Mit den erbarmungslos gezeichneten Charakteren begibt sich der Leser in die unausweichliche Abwärtsspirale ihrer Leben und Beziehungen – und der Geschichte.
Ob man mit Ellroys Sicht der Dinge konform geht und hinter der Ermordung John F. Kennedys ein riesiges Komplott sieht, oder den Roman als eine etwas abgedrehte alternative Geschichtsversion betrachtet – die Gnadenlosigkeit seiner Vision, die den Zeitraum von Kennedys Ermordung bis zur Wahl, die Nixon ins Weiße Haus brachte, umspannt, macht dieses Buch zu einem der großen amerikanischen Gegenwartsromane.
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