Fantasy

Rachel Caine – Sturm der Dämonen

Ich freue mich immer, wenn Verlage, noch dazu kleine Verlage, sich Themen wie SciFi und Phantastik widmen. Der Festa Verlag gehört zu diesen Verlagen und bezeichnet sich selbst in seiner Webpräsenz als „Haus der Fantastik“, welches auch Sonderausgaben als Hardcovers herausgibt, wie etwa eine H. P. Lovecraft-Biographie.

Der Schwerpunkt liegt auf Horror und Dark Fantasy, aber mit

Rachel Caine – Sturm der Dämonen
Weather Warden Band 1

erschließt sich der Verlag ein neues Subgenre.

Wie fast alle Veröffentlichungen von Festa handelt es sich um eine Übersetzung aus dem Englischen, die leider hier und da gewisse Ungereimtheiten aufweist und unrund klingt, so etwa bereits beim Einstieg, einer Anleitung für den Umgang mit Dschinn(s). Da wird Dschinn / Djinn mal mit, mal ohne Artikel, mal als generische Speziesbezeichnung, dann wieder als Einzellebewesen ohne Unterscheidung verwendet, so dass alles etwas holprig klingt. Leider habe ich nicht den Originaltext zum Vergleich vorliegen.

Auch sonst ziehen sich durch den gesamten Roman kleine, aber für jemanden, der Englisch gut versteht, irritierende Fehler in der Übertragung idiomatischer Ausdrücke und Redewendungen. In der Kombination mit Rachel Caine’s Schreibstil ergibt das eine sehr merkwürdig anmutende Lektüre.

Wer ist Rachel Caine, oder vielmehr wer ist Roxanne Longstreet Conrad, fragte ich mich beim obligatorischen Blick ins Impressum, da dort diese als Copyright-Inhaber angegeben ist. Roxanne Longstreet Conrad ist Autorin im Bereich Science Fiction, Horror, Fantasy, Mystery. Daneben schreibt sie Bücher (media tie-ins) für Serien wie Buffy oder Angel unter verschiedenen Namen, und an diese erinnert mich der erste Band von Weather Warden auch. Rachel Caine ist eines ihrer Pseudonyme, momentan das wohl erfolgreichste.

In Sturm der Dämonen – auf Englisch etwas treffsicherer (und weniger vom Plot verratend) mit Ill Wind betitelt – entwirft sie eine interessante Variante der urban fantasy, die ohne Vampire oder Shadowrun-Versatzstücke auskommt.

Das Wetter auf der Erde, eine magische und oft an sich böswillige und irgendwie denkende Macht mit eigenen Intentionen, wird kontrolliert von einer Gruppe von rund 100 Elementar-Magiern, die jeweils eines der Elemente korrigieren und beeinflussen können. Einer dieser Magier ist die Hauptfigur, Joanne, und zu Beginn des Romans befindet sie sich auf der Flucht vor ihren magischen Kollegen, da sie offenbar etwas Todeswürdiges verbrochen hat. Sie ist auf der Suche nach Lewis, einem alten Freund und dem wohl mächtigsten Magier der Erde, da sie sicher ist, dass er ihr als einziger helfen kann. Lewis befindet sich allerdings ebenfalls auf der Flucht vor den Kollegen der Weather Wardens, der Wetterwächter.

Was genau Joanne verbrochen hat, behält Caine über den größten Teil des Romans für sich, statt dessen erlebt man Joanne wie in einem Road Movie auf der Flucht mit ihrem blauen Mustang, der für sie wie eine Person ist, ein Freund und ein Objekt der Begierde.

Als weiteres magisches Element neben der Elementarmagie tauchen die im Einstieg erwähnten Dschinns auf, machtvolle magische Kreaturen, die, wie es das Klischee verlangt, mit Bannsprüchen in den Dienst gezwungen werden und in Flaschen bzw. zerbrechlichen Behältern hausen.

Nur die besten der Magier erhalten von der Gilde der Wetterwächter einen Dschinn, und jedem Magier / Wetterwächter steht maximal ein Dschinn in seinem Leben zu, da diese Geschöpfe so rar sind – was übrigens auch den vorangestellten Text über den Umgang mit Dschinn beim Erhalt des „ersten Dschinn“ relativ lächerlich macht. Wenn jeder maximal einen Dschinn zugewiesen bekommen kann, ist es immer der erste… und die Regeln dürften genauso gelten wenn es sich um den zweiten handelt, aber das nur am Rande.

Drei zentrale Fragen ziehen sich durch Sturm der Dämonen.

1. Wird Joanne es schaffen ihren schier übermächtigen Häschern zu entkommen? Da es sich bei Weather Warden um eine Serie mit mittlerweile 8 Bänden handelt, und die Story aus Joannes Blickwinkel erzählt wird, kann man diese Frage a priori mit Ja beantworten.

2. Findet sie jemanden, der ihr hilft ihr Problem zu lösen? Das lässt sich aus dem gleichen Grund bejahen, bleibt die letzte Frage:

3. Was zum Teufel ist eigentlich passiert?

In Rückblenden erzählt Caine aus dem Leben von Joanne, der Leser erfährt, wie sie zur Wetterwächterin wurde, welche Ereignisse ihr Leben beeinflusst haben, und irgendwann auch, was ihre besondere Verbindung zu Lewis, dem mächtigen Magier ist. Und irgendwann rückt sie auch damit raus, welch erschröckliches Verbrechen Joanne begangen hat und warum alle auf ihren Fersen sind – und flicht dabei die Auflösung des Problems gleich sehr offensichtlich mit ein.

Ich bin kein allzu großer Fan von Rückblenden, erst recht nicht, wenn sie das tragende Element einer Geschichte sind, das ist Geschmackssache. Eine Story muss nicht unbedingt linear erzählt werden, und im Hinblick auf die große Enthüllung ist der Einsatz dieser Technik auch durchaus nachvollziehbar, aber da die sogenannte Haupthandlung keine ist und sich quasi alles Entscheidende nur in den Flashbacks abspielt, finde ich sie so gehäuft doch recht ermüdend.

Leider haben nicht nur die Plotlines, sondern auch die Charaktere den Tiefgang einer Soap-Opera bzw. Jugendserie vom Stil Buffy / Angel. Joanne scheint sich mehr Sorgen um ihr Aussehen und ihr Liebesleben als um das nackte Überleben zu machen, und stolpert in jede dämliche Falle und vorhersehbar aufgebaute Romanze, die sich anbietet. Kitsch und Melodramatik überwiegen, die Heldin ist so sehr damit beschäftigt zu paniken und vor allem davon zu laufen, dass sie nicht einmal Luft holt, um nachzudenken, ehe sie handelt, und logische Schlüsse zu ziehen.

Dabei lässt sie sich von Freund und Feind manipulieren – sie mag ja als Powerfrau mit einem tollen Schlitten angelegt sein, aber sie wirkt wie ein hormongesteuerter kopfloser Teenager, und Caines Plotaufbau unterstützt das. Den Großteil des Romans hindurch fährt Joanne eigentlich nur durch die Gegend. Die Autorin umeiert jeden konkreten Hinweis zu den Geschehnissen, die doch angeblich Joanne antreiben, um dann im Finale plötzlich alles gleichzeitig passieren zu lassen, so dass man sich wundert, ob sie nicht vielleicht selbst ein bisschen den Überblick verliert.

Die Welt von Weather Warden ist ein interessant angelegtes Universum mit ein paar logischen Goofs, über das ich beim Lesen gern mehr erfahren hätte. Der Stil des Buches allerdings, der deutlich young adult fiction schreit, und die miserable Plotline reizen mich trotz spannend gemachter Elemente nicht zum Weiterlesen.

Schade eigentlich, ein paar neue faszinierende Ideen für Fantasy-Welten könnte das Genre gut gebrauchen.

Bewertung: ★★☆☆☆