Biographien

Nigel Slater – Halbe Portion

Nigel Slater gehört zu den wohl bekanntesten (Fernseh-) Köchen Englands, und schreibt auch regelmäßig für den Observer. Aus einer Kolumne für das Blatt entstand die Idee zu einer Art Autobiografie, die im Englischen Original den Titel Toast: The Story of A Boy’s Hunger trägt.

Warum daraus im Deutschen

Slater Halbe Portion Cover

Nigel Slater: Halbe Portion
Wie ich lernte, die englische Küche zu lieben

wurde, ist mir jedoch ein Rätsel.

Die halbe Portion spielt wohl auf den halbwüchsigen Nigel an, um den es hier geht, die englische Küche allerdings liebte Nigel auch schon als Kind, entgegen aller Widrigkeiten.

Mit Toast, und zwar schwarz angebranntem, beginnt das Buch – prototypisch für die Küche seiner Mutter, die, glaubt man Slater, nicht nur nicht kochen konnte, sondern dies auch extrem ungern tat. In vignettenhaften Abschnitten, die sich als Reihe in einer Zeitung bestimmt gut gemacht hätten, lässt sich Slater über seine kindlichen Vorlieben für bestimmte Süßigkeiten, über Traditionen wie (steinharten) Christmas Cake, englisches Schulessen, seine Abneigung gegen Milch, und die Wichtigkeit des auf eine Grapefruit gepiekten Käseigels aus. Die einzelnen Texte sind dabei durchaus vergnüglich zu lesen, und erzählen die Geschichte einer Kindheit in der gehobenen Mittelklasse Englands, geprägt von dem langsamen Dahinsiechen der asthmakranken Mutter (ein Faktor, der Klein-Nigel ganz offensichtlich entging), einem eher abwesenden Vater, der die normalen Rollenklischees der Zeit erfüllte, und einer distanzierten Stiefmutter, die immerhin kochen konnte. Höchst selten tauchen andere Personen (wie Slaters Brüder) auf, und der Rahmen der Erzählungen reicht von Nigel im Alter von 8 oder 9 bis zu seinen ersten (hetero-) sexuellen Erfahrungen in der Kochlehre.

Das ganze liest sich nett und locker, bleibt aber dem Titel treu: es ist irgendwie nur eine halbe Portion; Slater, der von sich selbst sagt, er sei sehr introvertiert, muss sich fragen lassen, warum er dann eine Autobiografie schreibt, denn wirklich Persönliches taucht darin nicht auf.

Immer dann, wenn man denkt, jetzt könne es interessant werden, gar tiefgründig, kommt ein neuer Abschnitt, in dem das zuvor gesagte nicht weiter thematisiert wird, sondern statt dessen über ein anderes typisches britisches Nahrungsmittel oder Süßigkeiten der Ära berichtet wird. Zwar zieht sich ein chronologischer Faden durch die Geschichte, aber das war’s auch schon. Das Buch taugt weder als kulinarische Erinnerungsreise durch die britische Küche noch als persönliche Erzählung eines prägenden Lebensabschnittes – über die humoresken Einlagen der einzelnen Kapitel hinaus fand ich es wenig bemerkenswert und streckenweise ziemlich langweilig.

Summa summarum: wohl nur für echte Fans zu empfehlen.

Bewertung: ★★½☆☆