Wolfram Eilenberger – Finnen von Sinnen
Finnen von Sinnen: Von einem, der auszog, eine finnische Frau zu heiraten
Eine gute Wahl, wie sich herausstellte. Eilenberger ist in der Tat mit einer Finnin verheiratet, und schreibt sich in kurzen, vignettenartigen Kapiteln an die Eigenarten und Macken der Finnen heran. Die kleinen Geschichtchen laden bisweilen zum Lachen ein, manche zum Schmunzeln, manche sind so erkennbar überzeichnet, dass ich sie eher bemüht finde, aber im Kontext ergeben sie dann Sinn.
Kein Klischee wäre zu banal, um hier nicht noch verwurstet zu werden, und der Erzählstrang windet sich lose, aber keineswegs konsequent linear, an der Liebesgeschichte des Erzählers und seiner finnischen Pia entlang, die mehr oder minder in einer typisch finnischen Hochzeit auf dem Lande gipfelt.
Ob es die Liebe des (schweigsamen) finnischen Mannes zu seinem mökki ist, oder das erhebliche Temperaturgefälle zwischen Deutschland und Finnland im Winter, Fußball, Tango, korrektes Saunieren oder die Unerlässlichkeit der Kartoffel bei einem finnischen Mahl, das alles ist augenzwinkernd karikiert und mit augenscheinlich einiger (persönlich erlebter) Sachkenntnis geschrieben.
Ich hatte viel Spaß beim Lesen – noch witziger (und erhellend) fand ich allerdings, wenn die an einen entspannten Staat gewöhnte Finnin (man darf seine amtlichen Dokumente dort selbst ausdrucken?!) mit der deutschen Bürokratie in Kontakt kommt und für diese verständlicherweise nur wenig Gegenliebe aufbringt. Wie es ja überhaupt oft bei „Reise“-Erzählungen so ist, dass die Beschreibung des Fremdartigen viel mehr über den Erzähler und dessen Lebenswelt verrät, als über die beschriebene Szenerie. Somit bekommen auch wir Deutschen hier und da unser Fett weg.
Ein wenig übertreibt es Eilenberger mit seinen Einsprengseln aus nicht erklärten finnischen Begriffen (ein Glossar wäre nett gewesen), zumal sich keineswegs alle korrekt erschließen. Bisweilen sind die Erzählungen seltsam unvollständig, so dass ich beim Lesen den Eindruck habe, der Gag wurde abgeliefert, wen interessiert schon der Rest des angerissenen Plots?, und natürlich sind die Behauptungen, die der Autor (immer mit dem Hinweis auf Mittelfinnland) aufstellt, weder überprüfbar, noch bilden sie alle lebenden Finnen ab.
Es macht aber Spaß, die von ihm entworfenen schrägen Charaktere kennen zu lernen und sich in ein Land entführen zu lassen, in dem riesenhafte Moskitos sich vorzugsweise vom Blut von Nichtfinnen ernähren, die in einem finnischen See baden gehen – sofern sie es denn überhaupt schaffen, ihren verwöhnten deutschen Hintern in das arg kalte Wasser zu bewegen. Und so kommt auch die ironische Selbstkritik nicht zu kurz, was dem Buch guttut. Der Humor ist tendenziell trocken-nordisch bis british, wer damit nicht klar kommt, für den taugt das Buch nichts. Für mich war es ein angenehm zu lesender Text mit vielem Schmunzeln – bestes Lesefutter im Liegestuhl.
Sicherlich weder ein „Culture Shock Finland“ noch eine tiefschürfende Analyse finnischer Gebräuche, dafür aber eine recht vergnügliche und leichtfüßige Urlaubslektüre, für den Finnlandfan und den, der es nicht werden will, gleichermaßen.
Bewertung: