Lee Child – Running Blind
Der 4. Roman der Jack Reacher-Reihe
Das vierte Abenteuer von Jack Reacher zeigt den toughen Ex-Militärpolizisten zunächst in ungewohnter Umgebung: in einem Haus. In seinem Haus, um genau zu sein, denn Jack hat geerbt – ein alter Freund aus Militärtagen hat ihm sein Haus vererbt, und Jack hat bei der Beerdigung auch dessen Tochter Jodie zum ersten Mal seit Jahren wieder gesehen. Aus der attraktiven Fünfzehnjährigen ist mittlerweile eine nicht minder attraktive erfolgreiche New Yorker Anwältin geworden, und Jack befindet sich alsbald mit festem Wohnsitz in einer festen Beziehung.
Wer die Jack Reacher-Romane kennt, weiß, dass das nicht lang gut gehen kann … unvermittelt gerät Reacher, der rein aus Gewohnheit in eine Schutzgeldaffäre hineinfunkt, die ihm bei Restaurantbesuchen ins Auge gefallen ist, in den Fokus des FBI. Denn jemand tötet systematisch Frauen, die früher beim Militär waren. Und Jack kannte jedes der Opfer, und das Täterprofil passt genau auf ihn…
Lee Child: Running Blind
Mit einem Trick erpresst das FBI Reacher, ihnen bei den Ermittlungen behilflich zu sein, nachdem klar ist, dass er nicht der Täter sein kann. Da man ihm nicht drohen kann, bedrohen sie indirekt seine Freundin Jodie, etwas das ihm gar nicht schmeckt und ihn noch weniger geneigt macht, mit den Spezialisten aus Quantico zusammen zu arbeiten, zumal er der Meinung ist, dass diese mit ihren Ideen und Täterprofilen um Meilen daneben liegen.
Der Mörder, den sie jagen, ist hochintelligent und hinterlässt absolut keine Spuren am Tatort, was fast unmöglich erscheint. Offenbar hat er es auf Frauen abgesehen, die nach einer Klage wegen sexueller Belästigung mit Entschädigungszahlungen die Armee verlassen haben. Alle Opfer werden in ihren Badewannen gefunden. Es gibt keine Zeichen von Gegenwehr, und die Frauen liegen in olivgrüner Army-Tarnfarbe. Der Gerichtsmediziner kann keine Todesursache feststellen.
Die einzige Spur, die die Ermittler haben, ist das Militär und die Tarnfarbe. Aber wie soll man damit einen Killer fangen, der anscheinend auf dem gesamten nordamerikanischen Kontinent jederzeit zuschlagen kann, ohne auch nur winzigste Hinweise auf sich selbst zu geben? Insgesamt 99 Personen stehen auf seiner Liste, und es wird ein Wettlauf mit der Zeit – können Reacher und die FBI-Spezialisten den Täter dingfest machen, ehe er sein nächstes Opfer hinrichtet?
Reacher muss sich zusätzlich mit seinen eigenen Dämonen herumplagen – das Haus, das er geerbt hat, ist wie ein Klotz am Bein für ihn, er fühlt sich eingesperrt, will seine Wandervogel-Freiheit wieder haben. Gleichzeitig ist Jodie sehr glücklich mit ihm – und er mit ihr – und fühlt sich sehr wohl in ihrem Job und mit ihrem geordneten Leben an einem Ort, das ist das, was sie sich immer gewünscht hat, nach Jahren des Herumtingelns als Kind eines Offiziers.
Durch die Erpressung des FBI wird auch überdeutlich, dass ein feste Beziehung ein weiteres Problem darstellt – solange er nur auf sich selbst achtgeben muss, ist Reacher frei zu handeln wie er will, aber Jodie könnte jederzeit wieder bedroht werden, seinetwegen.
Gemeinsam mit der FBI-Agentin Harper zieht Jack Fäden, löst alte Gefallen beim Militär ein, und findet schließlich einen Hinweis, der sie auf die Spur des Täters bringt. Doch etwas stimmt nicht…
Running Blind ist ein routiniert geschriebener Thriller, bei dem Jack Reacher mal nicht (nur) als knallharter Nahkampfbolide da steht, sondern tatsächlich mit Skrupeln und Moral zu kämpfen hat. Zwar war mir die Auflösung des Falles deutlich vor den Protagonisten klar, aber dennoch macht sein intellektueller Schlagabtausch mit dem FBI viel Spaß. Gute Krimiunterhaltung.
Bewertung: