Reisen

Bill Bryson – Frühstück mit Kängurus

Bill Bryson ist vielen heutzutage durch seine ebenso witzigen wie mit vielen ungewöhnlichen Fakten angefüllten Reiseberichte bekannt – ob er mit einem Freund über den Appalachian Trail wandert oder von seinen Europa-Reisen plaudert, man wird nie müde, die kleinen Anekdötchen und obskuren Erlebnisse des Briten aus Überzeugung (er ist in den USA geboren) zu lesen.

Und nachdem er Europa und die USA intensiv bereist hat, musste naturgemäß auch irgendwann Australien dran glauben, ein Kontinent, den er zwar schon oft besucht, aber noch niemals wirklich als Reisender erlebt hat.

Frühstück mit Kängurus: Australische Abenteuer

Natürlich frühstückt der reisende Autor ebensowenig mit Kängurus wie er in Picknick mit Bären mit Pelztieren tafelt. Stattdessen bereist er Down Under, so auch der Originaltitel des Buches, mit Auto und Eisenbahn und erkundet den Kontinent höchst ausführlich. Überhaupt kommen typisch australische Klischees wie Kängurus und Koalas, wenn schon, dann eher als Randnotizen vor. Dafür ergeht sich Bryson mit viel Spaß an der Sache in Auflistungen aller möglichen Lebensgefahren, wie der giftigsten Tiere und Pflanzen der Erde, die selbstverständlich in Australien und vorzugsweise da, wo er sich hinbegibt, existieren. Diese Macke wird zu einer Art running gag, der sich durch das gesamte Buch zieht, und bei dem man manchmal nur noch wissend grinst, wenn man weiß: aha, jetzt kommt wieder eine der gefährlichsten, giftigsten, bissigsten, tödlichsten Wasauchimmer-Arten.

Andererseits, wer Bryson kennt, weiß, dass keine Reise bei ihm so ganz planmäßig verläuft, das beginnt schon bei einem etwas schlechten Timing, das ihn dank Sturzregen und weggespülter Straße beinahe an Australiens Ostküste festsitzen lässt, obwohl er doch ein Boot zum Great Barrier Reef erwischen will.

Und obwohl er selbstverständlich vom größten Lebewesen der Welt erzählt, und fach- und sachkundig über den Nationalpark und die Gefährdung der Biotope berichtet, sind es die Reiseanekdoten, die den Spaß ausmachen. Da gruselt er sich beim (stürmischen) Wasserausflug in der Vorstellung, im Riff vergessen zu werden, und hat natürlich auch gleich eine passende Geschichte verschollener Riffbesucher auf Lager, oder ist sich fast sicher, beim nächsten Bad im Meer von einem Haifisch oder einer tödlichen, nein DER tödlichsten Qualle überhaupt dahingestreckt zu werden.

Bryson flicht Details und Fakten über den fünften Kontinent in seine humoreske Reiseerzählung, über australische Politik ebenso wie über Forscher und Entdecker, die aus purer Blödheit mit ihren Expeditionen kläglich scheiterten. Er weiß wunderbar ironisch von Ausflügen zu vergessenen Leuchttürmen oder einer langen Wanderung durch Perth zu berichten, natürlich besucht er den Ayers Rock, aber auch gottverlassene Nester irgendwo am Rande des Nichts.

Bryson zeigt mit oft trocken-britischem, bisweilen schwarzem Humor Australien von vielen verschiedenen Seiten. Er besucht „visitor centers“ in New South Wales, entdeckt die Stadt Canberra oder hässliche Touristen-Shops in obskuren Formen entlang der Küste, fährt mit der Indian-Pacific-Eisenbahn von Sydney nach Perth, gurkt mit dem Auto schlecht vorbereitet durch’s Outback, oder räsoniert freundlich-verwundert über einen Staat, dessen Premierminister auch schon mal an der Küste ertrinken kann, in dem die Städte sicher und sauber sind, und die Menschen ebenso freundlich wie das Bier kalt, aber in welchem die Ureinwohner immer noch massiv diskriminiert werden.

Mit spitzer Feder nimmt er die Marotten und Eigenheiten der Australier unter die Lupe, und kann die hinreissend schönen ebenso wie die atemberaubend gefährlichen Seiten Australiens plakativ und faszinierend beschreiben.

Bei all dem darf die Bryson-typische Faktenfülle nicht fehlen – keine Statistik und kein Zahlen- und Datenmaterial ist zu obskur, um hier nicht aufzutauchen, und so ist bei aller Plauderei über seine Reise Frühstück mit Kängurus: Australische Abenteuer auch ein wahrlich formidabler und für den Australienreisenden unbedingt anzuratender Reiseführer geworden – die Vielfalt an Informationen, die Bryson hier zusammengetragen hat, ist ebenso interessant und faszinierend wie der Kontinent selbst. Oder in seinen Worten:

Dieses Land ist gleichzeitig atemberaubend leer und voll gepackt mit Zeugs. Interessantem Zeugs, uraltem Zeugs, Zeugs, das man nicht auf Anhieb versteht. Zeugs, das man sogar noch finden muss.

Mit Bryson das „Zeugs“ zu finden, im Wortsinne zu ent-decken, macht einen Heidenspaß – und Lust, der Welt sechstgrößte Nation, die die größte Insel des Planeten bewohnt, selbst zu besuchen.

Bewertung: ★★★★☆