Kathy Reichs – Bones to Ashes
Der 10. Roman der Temperance-Brennan-Reihe
Kathy Reichs: Bones to Ashes
Im zehnten Abenteuer mit der forensischen Expertin Temperance Brennan dreht sich alles um eine Freundin aus Tempés Kindheit, Evangeline, und deren Schwester Obeline, die eines Tages unerklärlicherweise aus der Stadt verschwinden. Zu Beginn erzählt Brennan von dieser Freundschaft und dem Verschwinden, und somit ist klar dass dieses Thema eine Rolle spielen wird.
In der Jetztzeit steckt Tempé bis über beide Ohren in Arbeit, und zu allem Überfluss packt Pierre LaManche, ihr kanadischer Chef, ihr noch einen weiteren Stapel Fälle auf den Tisch. Einer der Körper, die sie untersucht, ist die Leiche einer Frau, die auf dem Grund eines Sees gefunden wurde. Und auch ein „cold case“ Ermittler namens Hippo hat Arbeit für Tempé. Und die Spuren führen zu Evangeline – oder vielmehr, einem Skelett, das das ihrer alten Freundin sein könnte…
Bones to Ashes ist ein sehr durchwachsenes Buch. Es ist auf jeden Fall sehr viel besser gelungen als das unsägliche Cross Bones, aber noch immer werde ich das Gefühl nicht los, dass hier nicht Kathy Reichs schreibt, oder sie nur kleine Teile beigesteuert hat.
Da wäre zum einen die Sprache – die elaborierte Prosa der ersten sechs Bände aus Reichs‘ Feder weicht hier ein weiteres Mal kurzen, abgehackten Sätzen, die Dialoge könnten aus dem Satzbaukasten der Grundschule stammen. Aber auch auf der wissenschaftlichen Seite hakt es – einerseits bringt Reichs eine Menge forensischer Technologie unter, und das macht das Buch ebenso lesenswert wie ihre Exkurse in die Kultur der Acadians, andererseits werden Banalitäten beschrieben, die den Text zu einer zähen Masse werden lassen. Ist es wirklich nötig, einen Windows-Bildschirm zu beschreiben? Muss man in einem forensischen Thriller noch ausgedehnt erklären, was ein alphanumerisches Passwort ist? Das ist weit am Niveau des Lesers wie der Figuren vorbei.
Völlig absurd und off-char wird es, wenn Andrew Ryan dann Tempé Technisches erklärt (nämlich wie Caller-ID funktioniert) – und überhaupt: Andrew Ryan. Nicht genug damit, dass Reichs im vorangegangenen Roman Ryan urplötzlich und deus-ex-machina eine die Beziehung komplizierende Teenager-Tochter aus der Karibik beschert, nein, dieser Faden zieht sich in einem völlig an den Haaren herbeigezogenen und nicht im mindesten zu Ryan (und Brennan) passenden Plot in diesen Roman durch, und gipfelt darin, dass Ryan nach mehr als 15 Jahren mit seiner Ex zusammenzieht und Tempé (und den Rahmen der Glaubwürdigkeit) verlässt.
Jenseits des bisschens Acadian-Kultur und Forensik scheint der Roman ohnehin nur aus Kindheitsreminiszenzen und viel heißer Luft und Füllmaterial zu bestehen – von minutiöser Beschreibung der jeweiligen schrillen, ausgefallenen Outfits von Tempés Schwester Harry (die natürlich wieder einmal zum unpassendsten Moment aufkreuzt und alles kompliziert) bis zu den Cliffhanger-Sätzen am Kapitelende, die mich schon in Cross Bones reichlich genervt haben, ist Bones to Ashes leider uninspiriert geschrieben und dröge. Während ich in früheren Reichs-Romanen mit den Protagonisten mitfieberte, von der Wissenschaft höchst fasziniert war, ist hier, salopp gesagt, die Luft raus – die Story ist nicht spannend, nicht zwingend, und die Charaktere sind so weit von ihrem tatsächlichen Handlungspielraum der anderen Bücher dieser Serie entfernt, dass sie nicht einmal mehr an diese erinnern.
Vielleicht sollte Reichs die Figur Tempé Brennan einfach ruhen lassen, oder sich auf die Fernsehserie Bones beschränken – wenn der nächste Roman dieser Reihe, Devil Bones, sich ebenfalls auf diesem Niveau bewegt, wird sie wohl nicht nur mich als Leserin verlieren.
Schade.
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