Dave Bruno – The 100 Thing Challenge
The 100 Thing Challenge: How I Got Rid of Almost Everything, Remade My Life, and Regained My Soul
„The 100 Thing Challenge is a response to the culture of materialism in America, one that has filled our lives with the constant and unsatisfactory desire for „more.“ Dave Bruno offers compelling anecdotes and practical advice to help readers live more meaningfully, simply by casting off the unnecessary „stuff“ that clutters their lives.“
Im Jahr 2008 hat David Michael Bruno eine Krise – und eine Einsicht noch dazu: er hat zu viel Zeugs angehäuft. Etwas, das die meisten Menschen unseres Kulturkreises, die länger als zwei Jahre an einem Ort wohnen, aus eigenem Erleben kennen: Man schaut in den Schrank, auf den Dachboden, in den Keller, und entdeckt Zeug, von dem man nicht mal mehr wusste, dass man es hat, oder doch denkt, man könne es ja nochmal brauchen, und nächstes Jahr ganz bestimmt auf diesen Campingtrip in den Himalaya gehen, für den man die Ausrüstung seit 15 Jahren hortet…
Und so beschließt Dave, sein Leben einer Radikalkur zu unterziehen. Gar nicht so einfach, wenn man Vater von drei Kindern ist, ein Haus an der kalifornischen Pazifikküste hat, mit Garage, Schuppen, und und und… sein Ziel: er will seine Besitztümer auf 100 Gegenstände eindampfen, sich von Unnützem trennen. Die 100 ist dabei eine willkürliche Zahl, die er auch schon mal unterschreitet. In The 100 Thing Challenge berichtet er davon, wie es zu der Idee kam, wie er sie umsetzte, und wie sich die damit verbundenen Denkprozesse auf sein Leben auswirkten.
Soweit erst mal ein lobenswerter Plan, und einer, der mich neugierig macht. Nach drei Kapiteln länglichen Geplauders über sein Leben und sein (ehemaliges) Business als Herausgeber christlicher Selbsthilfe-Hörbücher kommt Bruno dann endlich mal zum Thema seines Werkes. Ich weiß ja, es ist typisch amerikanisch, seine Lebensgeschichte in alles zu gießen, und Bruno kann nett erzählen, aber mit dem Thema des Buches haben die ersten drei Kapitel eigentlich rein gar nichts zu tun.
Dann wird – mit viel Blabla drumherum – kurz abgehandelt, wie die 100 Gegenstände zustande kommen. Der Autor bedient sich dabei einiger Tricksereien; so zählt er zum Beispiel seine Bücher als einen Gegenstand („1 Bibliothek“) und gibt an, aus hygienischen Gründen Unterwäsche und Socken jeweils nur als 1 Item zu betrachten. Den größten Trick spielt er aber aus, indem er kurzerhand gemeinsam genutzte Gegenstände nicht mitzählt – der Fernseher, eigentlich die meisten Möbelstücke im Haus, die Kücheneinrichtung etc., sind gemeinschaftlich genutzt und zählen daher nicht mit.
Nichtsdestotrotz ist der Blick auf seine Liste der „unter 100“ Gegenstände ganz interessant. Bruno beschreibt, wie er sich von viel Kram getrennt hat, und auch ein paar der Einsichten daraus. Aus diesen Texten nahm ich für mich vor allem die Erkenntnis mit, dass wir viele Dinge anhäufen, weil sie nicht gelebte Träume darstellen, Dinge, die wir einmal tun wollten (oder zu tun wollen glaubten), und die ein Bild von uns prägen, das mit der Realität nicht (mehr) deckungsgleich ist. Solche Gegenstände loszulassen bedeutet oft auch, sich von solchen alten Zielen, Plänen, Träumen zu verabschieden, kurzum: das eigene Ich auf den Prüfstand zu stellen – ein Prozess, der durchaus schmerzhaft sein kann.
Leider ist das dann aber auch das einzig wirklich Profunde an dem Buch; der Rest sind wiederholte Auslassungen über „American consumerism“ und die suchthafte Suche nach dem Glück durch Shopping, sowie ein paar recht gestellt wirkende Anekdötchen zur Reduzierung von „Stuff“ mit Kindern, sowie zu den Reaktionen von Freunden, Familie und Kollegen auf das Projekt „100 Things“.
Brunos Texte sind leichtfüßig geschrieben, wenn für mich auch erheblich zu ausufernd und mit etwas zu viel christlich eingefärbtem Touch versehen; das, was mich an The 100 Thing Challenge aber wirklich interessiert hätte, die praktischen Ratschläge, und ernsthafte Auseinandersetzungen mit einem minimalist lifestyle und den damit verbundenen Problemen im Alltag, kommen meines Erachtens viel zu kurz.
Summa summarum; ein Einstieg in die Thematik des Less-is-more, für den genau das hätte gelten müssen. Eine Beschränkung auf das Wesentliche hätte dem Buch gut getan, allerdings hätte der Autor dann wohl etwas mehr Arbeit investieren müssen, um seine Seitenzahl zu füllen.
Kann man lesen; ein paar Blogs aus der Konsumkritik- und Minimalist Living-Ecke (u.a. mit 100 Thing Challenges, inspiriert von Bruno) als Lektüre erfüllen den Zweck aber genauso gut, wenn nicht besser.
Bewertung: