Sarah Lovett – Engel der Finsternis
Manchmal beschleicht mich der Verdacht, dass Rezensenten ein anderes Buch oder einen gänzlich anderen Autor gelesen haben müssen als ich. Wie etwa Tony Hillerman zu dem Urteil
„Für Krimileser, die sich nach intelligenten Plots, lebensechten Charakteren, höchster Spannung und einer wundervollen Sprache sehnen, sind Sarah Lovetts Romane die Erfüllung aller Träume.“
kommt, ist mir angesichts von
Sarah Lovett – Engel der Finsternis
ein Rätsel.
Nun gut, die nicht im mindesten wundervolle Sprache mag zum Teil auf die Kappe des Übersetzers gehen (was ich angesichts der schwachen Beschreibungen allerdings bezweifeln möchte). Also, wie sieht es dann mit der Story aus?
Ein Serienkiller räumt auf unter Sexualstraftätern, die aufgrund psychologischer Gutachten vor Gericht nicht verurteilt wurden. Und das war’s dann auch schon an Plot. Fast wirkt es, als hätte die Autorin einen großen Mixbecher genommen und einmal alles hinein geschüttet, was zu einem Bestseller-Thriller dazugehört:
- eine verstörte, traumatisierte Heldin, der man den Job wegnehmen will und deren Lover, ein Polizist, anscheinend fremd geht
- eine Prise Eifersucht
- etwas Voodoo
- zwei Löffelchen Inzest
- ein Viertel Verschwörung
- einen neuen Job
- und reichlich Ablenkungsmanöver
Vielleicht würde diese Mixtur sogar aufgehen, wenn die Charaktere nur einigermaßen glaubwürdig aufgebaut würden. Stattdessen bleiben die Figuren alle auf der Tiefe eines Abziehbildes – selbst bei Nash Bridges haben die Protagonisten mehr Facetten. Die Hauptfigur ist schlicht eine überarbeitete Schickse, über die wir so gut wie nichts erfahren, außer dass sie ihrem Freund misstraut, ihren Mann verloren hat, und im Buch in ebenso lieblos eingestreuten wie plump und uninspirierend geschriebenen Sexszenchen über ihren Lover herfällt.
Lediglich da, wo es um die Verbindungen von Magie und Psychologie und der Subkultur der Indios/Latinos geht, vermengt mit der der Gefängnisinsassen in New Mexico, kommt etwas Spannung auf, und man hat das Gefühl die Autorin hat wirklich etwas zu sagen. Dafür ist der Storyverlauf ebenso wenig zwingend oder Spannung erzeugend wie die gesamte Handlung – eher schon möchte man gelangweilt weiterzappen, bis etwas wirklich Atemberaubendes passiert. Aber auch die Schlüsselszenen zwischen Psychologin und Tätern bleiben seltsam blass und ohne Leben, und die Auflösung des Rätsels entlockt dem Leser trotz etwas spritzendem Blut kaum mehr als ein Achselzucken.
Fazit: Dieses Buch kann man getrost auslassen. Enttäuschend von der ersten bis zur letzten Seite.
Bewertung: