Krimi / Thriller

Patricia Cornwell – Blow Fly

Der 12. Roman der Kay-Scarpetta-Reihe

Bis heute (2007) hat Patricia Cornwell ingesamt 15 Romane um Serienheldin Kay Scarpetta geschrieben – eine Serie, die mit The Last Precinct im Jahr 2000 eigentlich abgeschlossen schien.

Umso mehr erstaunte es mich, als 2003 ein weiterer, der 12. Roman der Reihe, nämlich Blow Fly erschien, doch bereits nach den ersten paar Seiten stellte ich das Buch wieder weg. Elf Romane hindurch trug Scarpetta die Story als Ich-Erzählerin vor, garniert mit ihren Anmerkungen etwa zum Benehmen von Pete Marino, oder dem Leben ihrer Schwester und ihrer Nichte – in Blow Fly jedoch wird die Handlung in der 3. Person geschildert, und die ersten Seiten rissen spannungsmäßig nicht im mindesten vom Hocker. Tatsächlich hatte ich den Eindruck, dass

Patricia Cornwell: Blow Fly

gar nicht aus der Feder von Cornwell stammte, sondern von irgendjemand anderem, der sich der Figuren bediente und versuchte etwas eigenes, vollkommen anderes daraus zu stricken.

Der Eindruck hat sich, als ich mir das Buch dieses Jahr endlich vornahm, um die weiteren Scarpetta-Romane zu lesen, noch vertieft. Ich weiß nicht, was die Autorin geritten hat, als sie dieses Buch schrieb – vielleicht hat der Verlag auch wirklich einen Ghostwriter angestellt – aber Blow Fly ist mit Abstand eines der schlechtesten Bücher, die ich sei langem gelesen habe.

Nicht nur, dass Cornwell vom gewohnten Erzählstil abweicht – das könnte man ihr ja noch verzeihen – aber auch sonst bietet der Roman nichts von dem, was Kay Scarpetta zu einer der beliebtesten Detektivinnen der Krimigeschichte gemacht hat.

Scarpetta ist nicht länger Chief Medical Examiner in Virginia, sondern nach einer zweifelhaften Untersuchung gegen sie freischaffender Consultant und Dozentin in Sachen Forensik. Forensische Untersuchungen und Beweise spielen in diesem Roman nur eine sehr nebensächliche Rolle. Die Medizinerin wird in eine großangelegte Verschwörung und Geheimaktion verwickelt, in deren Verlauf sich einige Plotwendungen ergeben, bei denen sich mir die Haare sträuben. Alte Fäden werden wieder aufgenommen, Jay Talley und sein Bruder Jean-Baptiste Chandonne alias der menschliche Werwolf tauchen auf, und wie Phoenix aus der Asche steht nach dem ersten Drittel des Buches ein auferstandener Benton Wesley vor dem Leser. So ziemlich jeder außer Kay Scarpetta scheint gewusst zu haben, dass er noch lebte, allen voran Pete Marino und Nichte Lucy, und man wartet auf den Big Bang. Doch der bleibt aus… die Story plätschert an Scarpetta und auch dem Leser trotz mancher verzwickter Wendungen einfach vorbei. Auch ein Showdown findet nicht statt, stattdessen erzählt Benton am Ende Kay die Kurzfassung dessen, was passiert ist.

Und ich frage mich, warum ich dieses Buch eigentlich gelesen habe. Nichts, aber auch gar nichts daran ist überzeugend oder schlüssig, die Chandonne-Handlung wird mit einem sehr schwachen Cliffhanger in den nächsten Roman mitgezogen, selbst beim Zusammentreffen von Kay und Benton bleibt die Katharsis aus, die Dramatik fehlt – zu viele unausgegorene Handlungsfäden und viel zu viel krude zusammen gestrickte Verschwörung, in deren Mitte Kay Scarpetta als Daueropfer zu stehen scheint, nehmen der Hauptfigur jegliche Aktivität und damit auch Attraktivität. Dass Nichte Lucy sich zu einer Art Wonderwoman-Jason-Bourne-Kreuzung entwickelt, die anscheinend alles kann und darf, macht den Roman nicht eben glaubwürdiger.

Fazit: Zeitverschwendung und eine Riesenenttäuschung.

Bewertung: ★☆☆☆☆